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Gender Curriculum Geographie

Fach: Geographie
Fächergruppe/n: Mathematik und Naturwissenschaften

Lehrziele:

Die Studierenden erhalten Einblick in den Zusammenhang von Geschlechterverhältnissen und gesellschaftlicher Räumlichkeit. Anhand konkreter Themenfelder der geographischen Geschlechterforschung wird für das Verhältnis von sozialen Prozessen und ihrer räumlichen Organisation sensibilisiert und beispielhaft nachgezeichnet, welche Rolle Räumen in der Konstruktion von sozialen Identitäten und Beziehungen, in der Normalisierung eines dichotomen Geschlechterverhältnisses sowie in der Produktion und Aufrechterhaltung von intersektionalen Ungleichheitslagen zukommt. Dabei lernen die Studierenden Grundlagen feministischer Theoriebildung und Gesellschaftskritik kennen, werden für die Bedeutung der Kategorie Geschlecht für die geographische Forschung sensibilisiert und erhalten eine Übersicht über den aktuellen Stand der feministischen Geographie und geographischen Geschlechterforschung.

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Lehrinhalte/fachspezifische Inhalte der Geschlechterforschung:

Die geographische Geschlechterforschung ist keine Subdisziplin der Geographie, sie interveniert in alle Teilbereiche des Fachs. Ein Großteil geschlechtsbezogener geographischer Forschung und Theoriebildung ist gegenwärtig in der Humangeographie angesiedelt. Einzelne Analysen widmen sich aber auch der Physischen Geographie und fragen, wie die Kategorie Geschlecht Konzeptionen von Natur und Mensch-Umwelt-Verhältnissen in der naturwissenschaftlichen Theoriebildung beeinflusst. Im Rahmen wissenschaftstheoretischer Debatten wird nach Möglichkeiten der Integration feministischer und geographischer Theoriebildung gesucht und der implizite Androzentrismus in Geschichte und Gegenwart geographischen Denkens und Forschens kritisiert. Im Sinne einer feministischen Science and Technology-Forschung werden zudem die Techniken geographischer Wissensproduktion wie Kartographie und Geographische Informationssysteme (GIS) in den Blick genommen. Disziplinpolitisch wird die Aufmerksamkeit auf bestehende Ungleichheitsverhältnisse und geschlechtsspezifische Arbeitsteilungen in der Hochschulgeographie gelenkt.

Die theoretischen und empirischen Erkenntnisse aus diesen verschiedenen Bereichen sollen im Studium exemplarisch vermittelt werden. Dabei sind folgende Schwerpunktsetzungen denkbar:

Stadtforschung:
  • Kritische Reflexion zentraler Konzepte der Stadtforschung – öffentlicher/privater Raum, Partizipation, citizenship, Exklusion etc. – aus der Perspektive der geographischen Geschlechterforschung
  • Analyse der Bedeutung der Kategorie Geschlecht sowie weiterer Differenzkategorien für Fragen der alltäglichen Raumwahrnehmung, -nutzung und -aneignung
  • Untersuchung intersektionaler Ungleichheitsstrukturen und ihrer sozialräumlichen Verortung in der Stadt
  • Sensibilisierung für die geschlechterpolitischen und heteronormativen Implikationen unterschiedlicher stadtentwicklungspolitischer Leitbilder
  • Kritik und Weiterentwicklung aktueller Forschungsthemen und Debatten – z.B. zu Gentrifizierung, Reurbanisierung, neoliberaler Stadtentwicklung, Stadt und Infrastruktur – mithilfe geschlechtsbezogener Konzepte und Fragestellungen
     
Wirtschaftsgeographie:
  • Einblick in die unterschiedlichen Ansätze der feministischen Ökonomiekritik
  • Kritische Reflexion der ökonomischen Theorie- und Modellbildung aus der Perspektive der geographischen Geschlechterforschung
  • Analyse der sozialräumlichen Verortung geschlechtsspezifischer und -hierarchischer Arbeitsteilung
  • Diskussion der geschlechterpolitischen und räumlichen Implikationen des Wandels der Erwerbsarbeit
  • Untersuchung der multiskalaren Verbindungen zwischen globalen Dynamiken und lokalen Arbeitsbeziehungen, zum Beispiel anhand transnationaler care chains
     
Politische Geographie:
  • Einblick in die Ansätze der feministischen kritischen Geopolitik (feminist geopolitics) und ihrer Analyse des Zusammenhangs von Raum, Macht und Wissen
  • Kritische Reflexion geopolitischer Leitbilder aus der Perspektive der geographischen Geschlechterforschung
  • Rekonstruktion der Bedeutung hegemonialer Männlichkeit in der geographischen Forschung und Theoriebildung am Beispiel der historischen Entwicklung der Politischen Geographie in Deutschland
  • Analyse der geschlechterpolitischen Implikationen globaler Verteilungskonflikte und des Machtgefälles in den globalen Nord-Süd-Beziehungen
     
Geographische Entwicklungsforschung:
  • Rekonstruktion der Bedeutung feministischer, postkolonialer und rassismuskritischer Theoriebildung für die aktuelle Entwicklungsforschung
  • Analyse der geschlechterpolitischen Implikationen von Modernisierungs- und Fortschrittskonzepten in der Entwicklungsforschung und -politik
  • Kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Ursachen ungleicher Verwundbarkeit
  • Untersuchung von Konflikten der Ressourcenverteilung und des Ressourcenzugangs aus der Perspektive der geographischen Geschlechterforschung
  • Reflexion von Machtbeziehungen und Positionalität im Forschungsprozess am Beispiel konkreter Forschungsarbeiten im globalen Nord-Süd-Kontext
     
Geographische Mensch-Umwelt-Forschung:
  • Einblick in die verschiedenen Ansätze der feministischen politischen Ökologie und der feministischen Umweltforschung
  • Reflexion gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Vorstellungen von „Natur“ und der damit verbundenen Geschlechterdualismen mithilfe der feministischen Wissenschaftstheorie
  • Kritische Auseinandersetzung mit der Feminisierung von Umweltkonflikten und der vergeschlechtlichten Arbeitsteilung im Umweltschutz
     
Methodologie/Methoden:
  • Wissenschaftstheoretische Reflexion und Kritik von androzentrischen Perspektiven und essentialistischen Natur- und Geschlechterkonzeptionen in der geographischen Theoriebildung
  • Reflexion des Verhältnisses von Gesellschaftsanalyse und -kritik, Diskussion der Normativität feministischer Wissenschaft
  • Kritik des bestehenden Methodenrepertoires geographischer Forschung aus der Perspektive der feministischen Geographie
  • Auseinandersetzung mit kritischen Forschungsansätzen – partizipatives und kollaboratives empirisches Forschen, Aktionsforschung, slow scholarship etc. – und ihrer Bedeutung für die geographische Geschlechterforschung
  • Entwicklung eigener empirischer Forschungsfragen im Bereich der geographischen Geschlechterforschung, Operationalisierung theoretisch-konzeptioneller Ansätze der feministischen Geographie für konkrete Forschungsprojekte

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Integration der Inhalte der Geschlechterforschung in das Curriculum:

Fragen und Erkenntnisse der geographischen Geschlechterforschung sollten idealerweise in das bestehende Curriculum aller Studienbereiche bzw. Module integriert werden, um Studierende bereits zu Beginn des Studiums für die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Raum zu sensibilisieren und Einblick in die Bedeutung feministischer Theorie und Kritik für die Weiterentwicklung des Fachs zu geben.

Daneben sind Vertiefungsveranstaltungen jeweils im fortgeschrittenen Bachelor-Studium oder Master-Studium zu Themen der feministischen Geographie und Geschlechterforschung oder ein eigenes Modul „Geographische Geschlechterforschung“ im Master-Studium denkbar. Die fachwissenschaftlichen Inhalte eines eigenen Moduls zu „Geographischer Geschlechterforschung“ müssen dabei an die inhaltliche Eingrenzung des jeweiligen Master-Studienganges angepasst werden. Module oder Vertiefungsveranstaltungen sind für alle unter „Lehrinhalte/fachspezifische Inhalte der Geschlechterforschung“ genannten Themen möglich und vom Forschungsstand her jeweils leicht zu realisieren. Neben der Vertiefung fachwissenschaftlicher Inhalte der geographischen Geschlechterforschung ist im Master-Studium auch eine Vertiefung der wissenschaftstheoretischen Grundlagen der feministischen Geographie wünschenswert.

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Studienphase:

Im Bachelor-Studium sollte die geographische Geschlechterforschung in allen Modulen im Verlauf des gesamten Studiums integriert sein.

Im Master-Studium sollten die fachwissenschaftlichen Inhalte und theoretisch-konzeptionellen Ansätze vertieft werden. Eine Vertiefung ist sowohl in Form von Theorieseminaren als auch in empirisch orientierten Forschungsseminaren möglich.