Fach:
Gartenbauwissenschaften
Fächergruppe/n: Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften
Ziel ist es, den Studierenden fächerübergreifend die Einsicht zu vermitteln, dass explizites Hinterfragen auch der naturwissenschaftlichen-technischen Lerninhalte des Studiums im Hinblick auf die Geschlechterfrage für die Entwicklung der Gesellschaft und die Entfaltung individueller Persönlichkeit erforderlich ist. Es gilt, Geschlecht als Merkmal in den unterschiedlichen Fachinhalten des Studiums zu erkennen und kritisch zu beleuchten, um als AbsolventInnen in zukünftigen Tätigkeitsfeldern ein aktuell gefordertes sensibles Handeln zu generieren.
Anders als im Bereich Landwirtschaft gibt es in den Gartenbauwissenschaften nur sehr vereinzelt gesellschaftswissenschaftliche Fächer wie z.B. Agrarsoziologie, in denen die Geschlechterfrage explizit gestellt wird. Dennoch sollen Studierende der Gartenbauwissenschaften die Kompetenz erlangen, den Zusammenhang von Wissenschaftskultur und Geschlechterordnung zu hinterfragen, geschlechtsspezifische Wirkungen von Entwicklungs- und Transformationsprozessen in diesem Sektor zu entdecken und zu untersuchen und als AbsolventInnen gegebenenfalls eigenes Handeln entsprechend auszurichten sowie individuelle Handlungsspielräume auszuschöpfen.
Der Gartenbau mit den Disziplinen Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau sowie Baumschule wurde historisch stark von Frauen beeinflusst und wird auch heute im internationalen Kontext im Rahmen der in vielen Ländern vorherrschenden Subsistenzlandwirtschaft von Frauen als Entscheiderinnen und Arbeitskräfte ausgeführt. Anders ist das Geschlechterverhältnis im modernen stark globalisierten Erwerbsgartenbau der Industrieländer wo männliche Betriebsleiter stark dominieren. Heute wird in manchen Ländern sogar ein Fehlen von Betriebsleiterinnen für die Entwicklung des Sektors bemängelt (Australien, Neuseeland).
Die Integration von Genderperspektiven ist aufgrund der Bedeutung für die Berufspraxis sowie aus dem gesellschaftlichen Anspruch, Machtstrukturen offenzulegen, wünschenswert und in vielen Modulen, die in BSc und MSc Curricula der sieben Hochschulen und Universitäten in denen Gartenbauwissenschaften unterrichtet werden (https://www.gartenbaustudieren.de), möglich:
Weitere Module sind Gartengestaltung, Ernährung und Gesundheit, Stadtökologie, Ökologie und Umweltschutz, Ressourcen- und Umweltökonomie, Landnutzung in den Tropen und Subtropen, Agrarrecht, Agribusiness und Food Industry, Food Economics.
Theoretische Zugänge zur Geschlechterforschung im Bereich Gartenbau liefern allgemeine Wissenschaftstheorien zu Voraussetzung, Methoden und Zielen der Erkenntnisgewinnung und der Genderfrage, ebenso feministische Theorien, politische und ökonomische Theorien, wie die Entwicklungstheorie z.B. im Hinblick auf Wachstum und Globalisierung, Theorien der Pädagogik und Berufsbildung sowie der Agrarsoziologie z.B. Modernisierung und Dichotomie des Gartenbausektors jeweils mit Bezug auf Geschlechterkonzepte.
Methodische Herangehensweisen sind qualitative und quantitative empirische Studien in allen Fachdisziplinen des Gartenbaus von naturwissenschaftlich-technischen bis zu Gesellschaftswissenschaften. Trotz einiger Überschneidungen unterscheiden sich die spezifisch gartenbaulichen Sektoren wie Zierpflanzen-, Obst- und Gemüsebau sowie Baumschule vor allem durch die Anbaukulturen, der Arbeitswirtschaft (Handarbeit), sowie global betrachtet durch geschlechtsspezifische Zuständigkeiten und vor allem auch historisch von der Landwirtschaft. Daneben sind auch sekundäranalytische Auswertungen von Statistiken, ExpertInnen- und biographische Interviews, Archivarbeit, Dokumenten- und Aktenanalyse sowie teilnehmende Beobachtung methodische Ansätze bedeutsam.
Als Handlungs- und Praxisfelder gelten alle relevanten Berufsfelder inklusive Ausbildung, Wissenschaft, Geschichte, Wirtschaft, Politik sowie Medien und Organisationen, in denen die Analyse von Geschlechterordnungen, Rollenverständnis, Repräsentation, Diskriminierung, Chancengleichheit, Ressourcenzugang und Normen und Werte thematisiert werden und in denen Gender-Kompetenzen zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen führen.
Zu den Gender-relevanten Professionsaspekten gehören Geschichte und Entwicklung des Gartenbaus einschließlich Geschlechterverhältnissen und –hierarchien, geschlechterdifferenzierten Zuschreibungen von Arbeit und Arbeitsmarktbedingungen sowie Rollenbildern und Verhaltensmustern.
Genderkompetenz ist die Bereitschaft, das Wissen und die Fähigkeit die persönliche Arbeit gleichstellungsorientiert zu verrichten. Obwohl Gender-Fragestellungen insgesamt als Querschnittsaufgabe verstanden werden sollten, ist ein „Gender-Modul“ ähnlich einer „Beauftragten“ ein Anstoß für eine Fachdisziplin, sich diesem Thema zu nähern. In den Gartenbauwissenschaften ist derzeit kein solches Modul explizit in den Curricula verankert. Allerdings werden in den gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fächern durchaus Themen mit Gender-Bezug unterrichtet und in Bachelor- oder Masterarbeiten untersucht.
Konkrete Themenfelder könnten sein:
Ein Wahlpflichtfach im Bachelor im vierten bis siebten Semester mit einer Fortsetzung im Masterstudium. Sollte die Hochschule eine Genderprofessur haben, so wäre es sinnvoll, mit dieser Kontakt aufzunehmen, um ein derartiges Modul zu schaffen und für die Gartenbauwissenschaften anzubieten. Es gibt bislang einige Module, in denen Gender behandelt wird, alle in englisch-sprachigen Modulen/Studiengängen: