Fach:
Ernährungswissenschaft
Fächergruppe/n: Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften
Die Studierenden verstehen, analysieren und nutzen haushaltswissenschaftliche Theorien und empirische Wissensbestände des Faches in der Gender-Perspektive. Sie erkennen, dass private und öffentlich unterstützte Prozesse der Lebensgestaltung, der Bedarfsdeckung und Weiterentwicklung von Lebensformen strukturell, soziokulturell und individuell gender-spezifisch konnotiert sind. Sie kennen sowohl historische Entwicklungen der Genderverhältnisse in Bezug auf Alltag, Lebensformen und Lebensgestaltung als auch die gegenwärtigen Konfliktlinien und zukünftigen Entwicklungsperspektiven und können diese einordnen und damit fachlich geleitet umgehen. Sie können Lösungsmöglichkeiten für eine geschlechtergerechte Lebensgestaltung unter Beachtung sozialer, kultureller und ökonomischer Implikationen aufzeigen und diese auf die Mikroebene von Haushalten und Familien ebenso beziehen wie auf die Mesoebene der Nachbarschaften, Kommunen, öffentlichen Einrichtungen als auch auf die Makroebene von Staat und Gesellschaft.
In Modulen mit Fachbezeichnungen wie Sozioökonomie des Haushalts, Wirtschaftslehre (z. T. auch Ressourcenmanagement), Wohnökologie, Ernährung, Gesundheit werden als zentrale Inhalte gelehrt:
Dabei werden die soziokulturellen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen der Haushalts- und Lebensführung beachtet, ebenso wie die (teils widersprüchlichen) Anforderungen sowie Folgen von Entscheidungen für die Einzelnen, die Gemeinschaft und die Gesellschaft.
Bei der Vermittlung dieser Inhalte soll die Geschlechterperspektive aufgezeigt werden, und zwar sowohl als gesellschaftliche Strukturkategorie als auch als individuelle Deutungs- und Handlungsperspektive. Dabei spielen auch ‚genderspezifische‘ Deutungen biologischer Differenzen eine Rolle. Erst dadurch werden die Interessenlagen und handlungsleitenden Motive der Individuen sowie die Wechselbeziehungen zwischen individueller Lebensgestaltung und gesellschaftlich-struktureller Ebene nachvollziehbar, analysierbar und gestaltbar.
Haushaltswissenschaftlerinnen und Haushaltswissenschaftler haben sich seit den 1980er Jahren in unterschiedlicher Weise mit genderspezifischen Fragen auseinandergesetzt – die Arbeiten fanden ihren Niederschlag in Veröffentlichungen, in Fachtagungen oder Curriculumentwicklungsprozessen, teils wurden sie auch in Hochschulen strukturwirksam, so hat die Universität Stuttgart ein Kompetenzzentrum „Ernährung und Gender“ eingerichtet.
Als verstärkt bearbeitete Themen sind zu nennen:
Genderthemen sind allerdings bislang nur vereinzelt explizit als Pflichtmodule in den Fachstudiengängen ausgewiesen. Sowohl in den naturwissenschaftlichen als auch in den sozioökonomischen Grundlagenfächern wird die Genderperspektive bislang zu wenig einbezogen. Wünschenswert wäre eine breite, mehrperspektivische und wissenschaftlich fundierte Vermittlung entsprechender Inhalte in Pflichtmodulen, wie „Ernährungswissenschaft”, „Sozioökonomie des Haushalts”, „Wirtschaftslehre” bzw. „Verbraucherbildung/-politik/Konsum”, „Wohnökologie”. Bei der Entwicklung des Fachverständnisses wie der Studiengangskonzeption kann es als große Chance verstanden werden, durch genderbezogene Fragen Anschluss an aktuelle Themen einer gerechten, nachhaltigen und zukunftsorientierten Gesellschaftsgestaltung zu finden, wie z. B. der Work-Life-Balance. Dies eröffnet auch für die Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge attraktive neue Berufschancen. Als „kleine Lösung“ ließe sich auch eine Einführung von genderbezogenen Modulen, Teilmodulen oder Pflichtinhalten in Modulbeschreibungen denken, ggf. im Wahlpflichtbereich und/oder als interdisziplinäre Angebote, z. B. gemeinsam mit sozialpädagogisch oder arbeitswissenschaftlich ausgerichteten Studiengängen.
Es handelt sich um grundlegende Studieninhalte, die im Schwerpunkt in der Bachelorphase aller Fachstudiengänge (also auch solcher, die die Bildungsvoraussetzungen für ein Lehramt vermitteln) gelehrt werden sollten.
Die genaue Lokalisation im Studienaufbau kann variieren; jedoch sollten die Grundlagen (s. o.) in den ersten 3 Semestern gelegt werden. Dies ist als Basis von Selbstreflexion von besonderer Bedeutung, da die Studienwahl immer noch stark genderspezifisch gefällt wird (d. h. es handelt sich um sog. ‚Frauenfächer’). Auf dieser Basis können fachspezifische, bildungsbezogene oder anwendungsgerichtete Vertiefungen erfolgen, z. B. Gender und Ernährung, Konzepte haushaltsbezogener Dienstleistungen unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit, haushaltsbezogene Bildungsprozesse für Jungen/Männer u. v. m.