Skip to main content

Gender Curriculum Maschinenbau

Verfahrenstechnik, Produktionstechnik, KFZ-Technik usw.

Fach: Maschinenbau
Fächergruppe/n: Ingenieurwissenschaften

Lehrziele:

Die Studierenden sollen in die Lage versetzt werden, zu erkennen, dass Technik nicht wertfrei und geschlechtsneutral ist, sondern dass Fragestellungen, Methoden und Lösungsfindung, aber auch Arbeitsorganisation und Mechanismen der Nachwuchsrekrutierung vom subjektiven Erfahrungshintergrund, den Emotionen und Interessen der AkteurInnen beeinflusst werden und die Beteiligung von Frauen (aber auch älteren Menschen, Behinderten, Kindern, Menschen anderer Kulturkreise) nicht nur eine Frage der Gleichstellung und der demokratischen Teilhabe in einem unser Leben immer stärker beeinflussenden Bereich ist, sondern vor allem eine unabdingbare Voraussetzung für Qualität, Umwelt- und Sozialverträglichkeit von Produkten und Produktionsprozessen sowie für die angestrebte Kundenorientierung. Die heutige Technik sollte im historischen Kontext auch in Bezug auf die Rolle der Geschlechter bei ihrer Entwicklung betrachtet werden.

Der Mythos von der Männlichkeit der Technik ist aufzubrechen und ein reales, aktuelles Berufsbild zu vermitteln, in dem Frauen ihren selbstverständlichen Platz haben.

nach oben

Lehrinhalte/fachspezifische Inhalte der Geschlechterforschung:

Entwicklungsprojekt:

Ein Projekt in Teamarbeit zur Erstellung eines Lasten-/Pflichtenheftes bzw. Anforderungsprofils und/oder zur Bewertung, Auswahl und Entscheidungsfindung einer Entwicklungslösung aus unterschiedlichen Vorschlägen für eine Problemstellung bzw. ein Produkt des Alltagslebens (z. B. Handy, Küchenmaschine).

Ein Projekt:

  • bei dem die Problemstellung grundsätzlich und umfassend betrachtet wird, nicht nur nach rein technischen Lösungen gesucht wird, sondern die technischen Lösungen in die soziale Wirklichkeit eingebettet werden, d. h. auch nach intelligenten Verbindungen von sozialen und technischen Lösungen gesucht wird
  • in dem die Problemstellung und die daraus resultierenden Anforderungen aus den verschiedensten Blickwinkeln der AkteurInnen und der Betroffenen analysiert und entsprechende Lösungsansätze entwickelt werden (technische Spielerei versus einfache Bedienbarkeit; Einüben von Empathie, evt. Rollenspiel)
  • in dem zur Überprüfung der Auswirkung der einzelnen Lösungsansätze auf Mensch und Umwelt Szenarien entwickelt und von verschiedensten Standpunkten analysiert und bewertet werden (kurze Einführung zu integrierter Technikbewertung)
  • in dem die späteren NutzerInnen bzw. KundInnen – soweit möglich – beteiligt werden bzw. Studierende selbst diese Rolle explizit übernehmen (z. B. Befragung von Grauen Panthern, Verbraucher- und Umweltorganisationen, Müttern; Versuch, Lebenserfahrung in Produkte umzusetzen; Literatur zu geschlechtsspezifischen Anforderungen an Produkte, z. B. Autos)
  • in dem überlegt wird, welche Prozent-Anteile der Kosten für den Gebrauchswert und welche für andere Aspekte, z. B. Servicefreundlichkeit, modularen Aufbau oder Image, spendiert werden sollen
  • in dem z. B. in einem Plan- oder Rollenspiel geübt wird, die Ergebnisse und Wege der Entscheidungsfindung in einer für Laien verständlichen Form darzustellen und zu begründen
  • in dem abschließend über die Erfahrungen u. a. mit den unterschiedlichen Rollen und Blickwinkeln reflektiert wird

Im Rahmen des Projektes können u. a. bestehende Methoden aus dem Qualitätsmanagement oder dem systematischen Konstruieren mit deutlicher Erweiterung des Horizontes und unter Berücksichtigung der unterschiedlichsten Blickwinkel genutzt werden: z. B. Mind Map, um alle Aspekte zu erfassen und zu strukturieren, Ishikawa- bzw. Fischgrät-Diagramm, um alle beteiligten Interessengruppen darzustellen; Quality Function Deployment (QFD), um Anforderungen/KundInnenwünsche zu gewichten und Zielkonflikte aufzudecken; Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA), um Auswirkungen auf Mensch und Umwelt abzuschätzen.

Die Zusammensetzung der Teams sollte gezielt gesteuert werden, z. B. gut gemischt oder monoedukativ. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Aufgabenverteilung im Team nicht der eigenen Rolle entspricht.


Reflektierte Praxisphasen:


Seminar zur Reflexion der Erfahrungen der berufspraktischen Anteile. Reflektierte Praxisphasen, in denen die Studierenden in Kontakt mit Ingenieurinnen kommen (möglichst im Betrieb, ansonsten zumindest bei der Reflexion). Thema der Reflexion sollten eigene Erfahrungen und Verhaltensmuster, das moderne Berufsbild mit den aktuell geforderten Schlüsselqualifikationen, geschlechtsspezifische Zuordnung dieser Qualifikationen, eigene Qualifikationen und Defizite, geschlechtsspezifische Zuordnung technischer Produkte, z. B. Näh- oder Drehmaschine (Stichwort: Männlichkeit des Technikbegriffes), Frauenförderung als Förderung männlichen Umdenkens sein.
Die Zusammensetzung der Diskussionsrunden sollte monoedukativ sein. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass beide Geschlechterrollen dargestellt und berücksichtigt werden.


Seminar zur Technikgeschichte


Im geschichtlichen Kontext lassen sich nicht nur entscheidende Veränderungen bei der Entwicklung bestimmter Maschinen und Technologien und deren Bedeutung hervorragend aufzeigen, sondern auch die jeweiligen Umstände, AkteurInnen und Interessen, die die Entwicklung vorangetrieben bzw. behindert haben sowie ihre Auswirkungen. Dazu gehören auch die Mechanismen, durch die Frauen von dieser Entwicklung ausgeschlossen wurden, obwohl sie in der Geschichte u. a. für die Beschaffung von Nahrung, die Herstellung von Kleidung und das Bauen von Behausungen zuständig waren, also seit jeher Technik entwickelt und angewendet haben (Gartenbau, Töpferei, Textilherstellung). Daraus ergeben sich Fragen wie z. B.: Wer definiert, was Technik ist, wie kam es zur Verknüpfung zwischen Technikkompetenz und Männlichkeit und in welchem Zusammenhang steht dies mit der Entwicklung und Professionalisierung des Ingenieurberufs.


Gesellschaftliche und ökologische Bezüge:


Einzelne Fächer und Produkte müssen in den Kontext der gesamtgesellschaftlichen Technologieentwicklungen gestellt werden sowie die gesellschaftlichen und ökologischen Bezüge, die gesellschaftliche Verantwortung für Technologieentwicklungen und ökonomische, machtpolitische und persönliche Interessen und das Wechselspiel Technik-Gesellschaft sichtbar gemacht werden.
Was ist das Ziel der jeweiligen technischen Produkte und Prozesse? Welchen Nutzen hat es für wen?

nach oben

Integration der Inhalte der Geschlechterforschung in das Curriculum:

Isolierte Gendermodule haben sich, genau wie der Versuch, Schlüsselqualifikationen und nicht technische Kenntnisse isoliert zu vermitteln, im Maschinenbau als wenig sinnvoll erwiesen. Effektiver ist eine integrierte Vermittlung.


Das Projekt, die reflektierten Praxisphasen und die gesellschaftlichen und ökologischen Bezüge sollten daher in die üblichen Module integriert werden. Die Technikgeschichte kann als eigenständiges Seminar angeboten werden, für die erfolgreiche Bearbeitung der integrierten Genderfragen sollten aber auf jeden Fall Credits vergeben werden. Dies verspricht aktuell die größte Akzeptanz der Studierenden.

nach oben

Studienphase:

Das Projekt sollte am Anfang der Studiengänge liegen (Einführungsphase), da es in eine bestimmte umfassende Denkweise einführen soll. Diese Denkweise sollte aber auch in spätere Entwicklungs- und Konstruktionsprojekte einfließen, nachdem die Studierenden mehr fachliche Kenntnisse erworben haben.

Die Reflexion der Praxisphasen sollte möglichst direkt an die (bereits festgelegten) Praxisphasen anschließen.

Die Technikgeschichte sollte so platziert sein, dass im Studium bereits grundlegende Kenntnisse über Maschinen, Technologien und Produktion vermittelt wurden.
Gesellschaftliche und ökologische Bezüge gehören explizit in alle Module integriert.
(Die Chance zur Integration der Frauen durch strukturelle Veränderungen im gesamten Studienbetrieb ist nicht maschinenbauspezifisch.)